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Kutane Angiosarkome – seltene Tumoren der Haut

Interdisziplinäre Zusammenarbeit erforderlich

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Kutane Angiosarkome sind sehr selten und in der Diagnostik und Therapie eine Herausforderung. Gemeinsam in einem interdisziplinären Tumorboard lässt sich das beste Vorgehen für Patientinnen und Patienten besprechen.

Da kutane Angiosarkome vor allem anfangs harmlos aussehen können, werden sie häufig erst in fortgeschrittenen Stadien diagnostiziert. Das kann die Therapie erschweren und die Prognose verschlechtern. Die Autorinnen und Autoren der S1-Leitlinie "Kutane Angiosarkome" empfehlen daher, bereits bei dem geringsten Verdacht eine Biopsie zu entnehmen. Denn kutane Angiosarkome sind zwar sehr selten, wachsen aber in der Regel aggressiv.

Mehrere Ärztinnen und Ärzte sitzen um einen Tisch mit Laptop und besprechen sich.
Bei seltenen Erkrankungen wie dem kutanen Angiosarkom besprechen Ärztinnen und Ärzte verschiedener Fachrichtungen die bestmögliche Therapie für Betroffene.
Bild: © Shutterstock; Foto: Jacob Lund

Was ist ein Angiosarkom?

Angiosarkome gehen von den Endothelzellen der Blutgefäße oder der Lymphgefäße aus und können an verschiedenen Körperregionen auftreten. Unterschieden werden primäre und sekundäre Angiosarkome. Sekundäre Angiosarkome entwickeln sich als Folge einer früheren Schädigung der Haut (siehe Infobox).

Das Angiosarkom der Haut gehört zu den Weichteilsarkomen. Meist kommen kutane Angiosarkome auf der Kopfhaut, im Gesicht oder im Halsbereich vor, aber auch Unterarm oder Unterschenkel können betroffen sein. Typischerweise tritt der Tumor bei Personen in einem Alter um etwa 70 Jahre auf. Unklar ist, ob UV-Strahlung das Risiko für kutane Angiosarkome erhöht.

Angiosarkome – nicht nur an der Haut

Primäre Angiosarkome können prinzipiell überall im Körper entstehen, zum Beispiel in der Leber, der Brust, dem Herz, der Milz und den Knochen. Am häufigsten ist jedoch das primäre Angiosarkom der Haut.

Sekundäre Angiosarkome können als Folge eines chronischen Lymphödems auftreten (Stewart-Treves-Syndrom). Auch einige Jahre nach einer Bestrahlung kann sich ein Angiosarkom entwickeln. Meist kommen sekundäre Angiosarkome im Brustgewebe vor. Aber auch in der Leber treten strahleninduzierte Angiosarkome auf. Insgesamt sind sekundäre Angiosarkome aber selten.

Wie sieht ein kutanes Angiosarkom aus?

Kutane Angiosarkome können klinisch sehr unterschiedlich aussehen, weshalb die Diagnose nicht immer einfach ist. Anfangs kann das kutane Angiosarkom sehr unscheinbar sein. Dass es sich um einen Tumor handelt, ist nicht immer gleich ersichtlich.

Folgende klinische Merkmale kann ein kutanes Angiosarkom aufweisen:

  • Flächig, unscharf begrenzte Rötungen, die aussehen wie ein Hämatom (kontusiform).
  • Die Flecken sind rötlich bis bläulich oder glasig.
  • Der Rand kann sich dunkelrot abheben.
  • Durch kurze Kopftieflage können Rötungen im Kopf-Hals-Bereich besser sichtbar werden (sogenanntes Head-Tilt-Manöver, siehe Infobox).
  • In späteren Stadien können sich ödematöse Schwellungen, Knoten oder plattenartige Tastbefunde zeigen. Auch eine Geschwürbildung (Ulzeration) ist möglich.

Betroffene berichten anfänglich meist nicht über Beschwerden. Als Ärztin oder Arzt kommt es also darauf an, überhaupt an diese seltene Tumorerkrankung zu denken. Gesichert wird die Diagnose dann mit einer Biopsie.

Das Head-Tilt-Manöver

Im Jahr 2007 beschrieben Asgari et al. das Head-Tilt-Manöver als ein klinisches Tool, das bei der Erkennung von kutanen Angiosarkomen im Kopf-Hals-Bereich helfen kann1. Dabei senkt die Patientin oder der Patient den Kopf für 5 – 10 Sekunden unter Herzhöhe. In anderen Veröffentlichung ist von bis zu 20 Sekunden Kopftieflage zu lesen. Liegt ein kutanes Angiosarkom vor, so wird dieses aufgrund seiner vaskulären Ätiologie dadurch besser sichtbar.

Wie werden kutane Angiosarkome behandelt?

Generell sollte die Therapie des kutanen Angiosarkoms laut S1-Leitlinie "Kutane Angiosarkome" multimodal sein, also mehrere Behandlungsformen umfassen. So sollte auf eine Operation möglichst immer eine adjuvante Bestrahlung folgen.

Operation: Standardtherapie ist die vollständige chirurgische Entfernung. Bei Patientinnen und Patienten mit örtlich begrenztem Angiosarkom sind in einer Region jedoch häufig mehrere unterschiedliche Stellen betroffen (multifokaler Befall). Das macht es oft schwer, die Tumorgrenzen sicher zu bestimmen. Außerdem gibt es kutane Angiosarkome, die sich über eine größere Hautfläche ausdehnen. Gerade im Gesicht kann eine vollständige Tumorentfernung mit gesichert freien Schnitträndern daher schwierig werden.

Inoperable Tumoren: Lässt sich ein Tumor nicht komplett operativ entfernen, weil er beispielsweise zu ausgedehnt ist, oder gibt es bereits Metastasen, sollte das Vorgehen in einem interdisziplinären Tumorboard besprochen werden. Prinzipiell kommen laut S1-Leitlinie in dieser Situation mehrere Behandlungsmöglichkeiten infrage – alleine, in Kombination oder nacheinander:

  • tumorverkleinernde Operation
  • Radiochemotherapie mit Taxanen
  • Elektrochemotherapie (siehe Infobox)
  • Chemotherapie und zielgerichtete Medikamente

Basis für die Therapieempfehlung sollte die derzeit gültige Version der Leitlinie sein sowie die jeweils aktuellsten Daten aus der Literatur. Da das kutane Angiosarkom so selten ist, gibt es nur wenige und meist wenig aussagekräftige Studiendaten zur Behandlung dieses Sarkomtyps.

Chemotherapie und zielgerichtete Medikamente: Etabliert ist die Chemotherapie mit Anthrazyklinen und Taxanen. Gegebenenfalls kann Doxorubicin mit Ifosfamid kombiniert werden. Eine weitere Möglichkeit ist eine Behandlung mit dem Zytostatikum Gemcitabin. Als Zweitlinientherapie kommen weitere Substanzen infrage, die für die Behandlung von Weichteilsarkomen zugelassen sind – darunter das Chemotherapeutikum Trabectedin und der zielgerichtete Wirkstoff Pazopanib.

Untersucht werden darüber hinaus beim kutanen Angiosarkom viele weitere Arzneimittel wie Bevacizumab, Sorafenib oder Immun-Checkpoint-Hemmer – meist in kleinen klinischen Studien. Fachleute diskutieren zudem die Möglichkeit einer niedrig dosierten Dauerchemotherapie, die weniger Nebenwirkungen hat.

Zu beachten ist, dass es sich bei vielen medikamentösen Therapien beim kutanen Angiosarkom um einen Off-Label-Use handelt.

Elektrochemotherapie

Bei der Elektrochemotherapie (ECT) werden elektrische Impulse verwendet, um die Zellwände kurzzeitig durchlässiger zu machen. So können Chemotherapeutika, die bei dieser Methode in der Regel örtlich verabreicht werden, besser in die Zellen eindringen. Die ECT wird zurzeit hauptsächlich bei oberflächlichen Tumoren angewandt.

Fazit

Das seltene, aber aggressive kutane Angiosarkom kann sich klinisch sehr unterschiedlich und unscheinbar darstellen. Ärztinnen und Ärzte sollten bei Hautveränderungen auch an diese seltene Entität denken.

Die Therapie sollte vor allem bei fortgeschrittenen Tumoren interdisziplinär in einem Tumorboard besprochen werden. Neben zertifizierten Hautkrebs-Zentren haben auch zertifizierte Sarkom-Zentren Erfahrungen mit Angiosarkomen und können hinzugezogen werden.

Zum Weiterlesen: Verwendete Quellen und vertiefende Informationen

Leitlinien und systematische Übersichtsarbeiten

Arbeitsgemeinschaft Dermatologische Onkologie (ADO) der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG), Deutsche Dermatologische Gesellschaft (DDG). S1-Leitlinie Kutane Angiosarkome. AWMF-Registernummer 032-056. Version 1.0. Stand: 01/2021.

Weitere Übersichtsarbeiten und Fachveröffentlichungen

1Asgari MM, Cockerell CJ, Weitzul S. The head-tilt maneuver: a clinical aid in recognizing head and neck angiosarcomas. Arch Dermatol. 2007;143(1):75-7. doi: 10.1001/archderm.143.1.75.

Bi S, Zhong A, Yin X, Li J, Cen Y, Chen J. Management of Cutaneous Angiosarcoma: an Update Review. Curr Treat Options Oncol 2022;23(2):137-154. doi: 10.1007/s11864-021-00933-1.

Houpe JE, Seger EW, Neill BC, Kang BY, Hocker TLH, Alam M, Tolkachjov SN. Treatment of Angiosarcoma of the Head and Neck: A Systematic Review. Cutis 2023;111(5):247-251. doi: 10.12788/cutis.0767.

Weitere Quellen

Infoportal Hautkrebs. Kutane Angiosarkome. Stand: 01/2024.

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